Viele Abwicklungs- und Aufhebungsverträge enthalten eine Turboklausel. Arbeitnehmer werden damit finanziell belohnt, wenn sie das Unternehmen früher als geplant verlassen. Wir erklären, was Sie zur Turboklausel bzw. Sprinterklausel wissen müssen.
Um langwierige Gerichtsverfahren nach einer Kündigung zu vermeiden, greifen viele Arbeitgeber auf das Mittel des Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrags zurück.
a) Aufhebungsvertrag
Der Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Er beendet den Arbeitsvertrag einvernehmlich und regelt die Konditionen und den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Um den Arbeitnehmer zur Zustimmung zu bewegen, bietet der Arbeitgeber im Aufhebungsvertrag oft eine Abfindung an. Die Vereinbarung regelt auch, zu welchem Datum der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag ausscheidet.
Die rechtliche Wirkung ist dabei dieselbe wie bei einer Kündigung – beides beendet das Arbeitsverhältnis. Anders als nach einer Kündigung kann der Arbeitnehmer gegen den Aufhebungsvertrag kaum vor Gericht vorgehen. Er hat schließlich selbst zugestimmt.
b) Abwicklungsvertrag
Der Abwicklungsvertrag ähnelt dem Aufhebungsvertrag stark. Er regelt ebenfalls, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich trennen. Wichtigster Unterschied: Der Abwicklungsvertrag kommt nur in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt ist. Anders als der Aufhebungsvertrag beendet er das Arbeitsverhältnis also nicht unmittelbar – das geschieht bereits durch die Kündigung. Im Wesentlichen beinhaltet der Abwicklungsvertrag zwei Vereinbarungen:
Übrigens: Eine Sprinterprämie kann auch in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart werden. Dazu kommt es, wenn der Arbeitgeber kündigt und der Mitarbeiter anschließend gegen die Entlassung klagt. Vor Gericht einigt man sich dann in einem Großteil der Fälle darauf, dass der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung die Klage fallen lässt und so die Kündigung hinnimmt. Natürlich ist auch hier eine Turboklausel denkbar.
Sowohl Aufhebungs- als auch Abwicklungsverträge beinhalten oftmals eine sog. Turboklausel, auch Sprinterklausel genannt. Diese ermöglicht es Arbeitnehmern, schon vor dem vereinbarten Ausstiegsdatum das Arbeitsverhältnis freiwillig zu beenden und im Gegenzug die Abfindung zu erhöhen. Dieser Schritt bietet sich an, wenn der Arbeitnehmer kurzfristig eine neue Stelle findet.
Beispiel: Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestimmen per Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag, dass das Arbeitsverhältnis in drei Monaten enden soll. Zudem vereinbaren sie eine näher geregelte Turboklausel. Bereits nach einem Monat findet der Arbeitnehmer eine neue Stelle, die er zeitnah antreten kann. Er teilt dem Arbeitgeber mit, dass er die Turboklausel nutzen und so bald wie möglich (meist nach zwei Wochen, s.u.) aus dem Arbeitsvertrag aussteigen möchte.
Wie erwähnt, bietet der Arbeitgeber im Rahmen der Sprinterklausel eine höhere Abfindung an. Das hat folgenden Hintergrund:
Verlässt der Arbeitnehmer das Unternehmen früher, spart der Arbeitgeber Gehälter. Diese zahlt er dem Arbeitnehmer dann zwar im Rahmen einer höheren Abfindung (teilweise) aus. Der Arbeitgeber spart dennoch: Auf die erhöhte Abfindung muss er nämlich – anders als auf die Gehälter – keine Sozialbeiträge zahlen.
Die Abfindung setzt sich dann also aus zwei Bestandteilen zusammen:
Die Grundabfindung
Eine genaue Höhe kann aufgrund der verschiedenen Konstellationen nicht an die Hand gegeben werden. Je nach Einzelfall und Verhandlungsgeschick der Arbeitnehmer bzw. seines Fachanwalts für Arbeitsrecht fällt die Höhe unterschiedlich aus.
Als grobe (!) Faustformel hat sich folgende Formel etabliert:
½ Monatsgehalt (brutto) x Anzahl der Beschäftigungsjahre beim Arbeitgeber
Die Sprinterprämie
Wie oben angesprochen, kommt bei Ausübung der Turboklausel die Sprinterprämie hinzu. Als Richtwert ist ein Monatsgehalt pro Monat, den der Arbeitnehmer früher kündigt, heranzuziehen.
Beispiel: Wenn Sie zwei Monate früher als im Aufhebungsvertrag festgelegt aussteigen, so stehen Ihnen auch zwei volle Nettogehälter für diese beiden Monate zu. Ihr Arbeitgeber wird versuchen, den Betrag herunterzuhandeln. Halten Sie mithilfe Ihres Fachanwalts für Arbeitsrecht dagegen!
Die Sprinterklausel hat meist für beide Seiten Vorteile.
a) Vorteile für den Arbeitnehmer
b) Vorteile für den Arbeitgeber
Wie gezeigt, sind Turboklauseln insbesondere für Arbeitnehmer von Vorteil. Nichtsdestotrotz ist darauf zu achten, die Klausel richtig anzuwenden.
Eine Sprinterklausel ist grundsätzlich wirksam. Allerdings muss sie unbedingt in Schriftform, also auf einem Papier und persönlich unterschrieben, ausgeübt werden. Eine Erklärung per E-Mail, Fax, SMS oder Telefon ist somit ausgeschlossen.
Zudem müssen Arbeitnehmer die Sprinterklausel meist zwei Wochen vor dem gewünschten Ausstieg ausüben. Dies sollte beim Übergang auf die neue Stelle bedacht werden. In selteneren Fällen verzichtet der Arbeitgeber bereits bei Abschluss des Aufhebungsvertrages auf eine bestimmte Frist.
Im Wesentlichen sollten Arbeitnehmer diese beiden Fehler meiden:
a. Neue Stelle ist sicher, Turboklausel aber nicht richtig ausgeübt
Übt der Arbeitnehmer die Turboklausel nicht richtig aus, bleibt sein alter Arbeitsvertrag unverändert bis zum vereinbarten Ausstiegsdatum bestehen. Erscheint er in dieser Zeit nicht mehr zur Arbeit und tritt er bereits die neue Stelle an, darf der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer ggf. fristlos kündigen. Die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses und die darauffolgende Arbeitsverweigerung stellen einen berechtigten Grund zur fristlosen Kündigung dar. Damit verliert der Arbeitnehmer sein Arbeitsentgelt für die noch verbleibenden Monate sowie die Sprinterprämie. Auch die Grundabfindung erhält er nicht.
b. Sprinterklausel ohne neue Stelle ausgeübt
Manch ein Arbeitnehmer lässt sich von der Sprinterprämie locken und übt die Klausel aus, ohne eine neue Stelle sicher zu haben. Davon raten wir dringend ab!
Arbeitnehmer verlieren so nicht nur einen Teil ihres verbleibenden Gehalts (was teilweise durch die Sprinterprämie aufgefangen wird). Die Arbeitsagentur wird zugleich eine Ruhenszeit (und ggf. eine Sperrzeit) beim Arbeitslosengeld verhängen. Faktisch gehen damit bis zu 60% der Abfindung verloren.
Bei Fragen rund um das Thema Kündigung, Aufhebungsvertrag und Abfindung sowie Turboklausel / Sprinterklausel wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.