Beitrag veröffentlicht am 30.04.2024 | Dr. Ahlborn

Haftung des Arbeitnehmers

Auf der Arbeit geht schnell etwas zu Bruch. Dann stellt sich die Frage, ob Sie als Arbeitnehmer für den Schaden haften. Hier erfahren Sie, was Sie zur Haftung des Arbeitnehmers wissen müssen. 

  1. Keine Haftung ohne Pflichtverletzung und Schaden  
  2. Haftungsbeschränkung im Arbeitsverhältnis
  3. Wer muss das Verschulden des Arbeitnehmers beweisen?
  4. Sind abweichende Regeln im Vertrag möglich?
  5. Haftung gegenüber Kunden & Geschäftspartnern 
  6. Fazit

Keine Haftung ohne Pflichtverletzung und Schaden 

Wenn Sie als Arbeitnehmer fahrlässig oder vorsätzlich Ihre Pflichten verletzen und deshalb ein Schaden entsteht, droht Ihnen die persönliche Haftung. 

Sie unterliegen zahlreichen Pflichten, die Sie verletzen könnten. 

Beispiele: 

Ein Verstoß gegen diese Pflichten allein berechtigt den Arbeitgeber noch nicht zum Schadensersatz. Ihm muss außerdem ein Schaden entstanden sein. Der Begriff meint nicht nur einen Schaden im physischen Sinne. Vereinfacht gesprochen ist jeder konkrete finanzielle Nachteil ein Schaden. 

Beispiel: Allein Ihr unentschuldigtes Fehlen verursacht in der Regel noch keinen Schaden. Anders ist es z.B., wenn Ihr Arbeitgeber Strafzahlungen an einen Kunden leisten muss, weil ohne Sie ein Projekt nicht pünktlich abgeschlossen werden konnte.

Der Schaden muss außerdem gerade wegen Ihrer Pflichtverletzung eingetreten sein. 

Beispiel: Das ist nicht der Fall, wenn das o.g. Projekt auch unter Ihrer Anwesenheit verspätet fertiggestellt worden wäre. 

Haftungsbeschränkung im Arbeitsverhältnis 

Im Arbeitsverhältnis ist Ihre Haftung eingeschränkt. Der Arbeitgeber kann Sie nicht für jede leichte Unachtsamkeit heranziehen. 

Das gilt jedenfalls für Schäden, die im Rahmen einer betrieblich veranlassten Tätigkeit entstanden sind, d.h. unmittelbar bei Ihrer Arbeit. Der Schaden muss also bei und durch eine Handlung eintreten, die zu ihrer Arbeit gehört. Nicht ausreichend ist, dass es bloß während der Arbeit zum Schaden kommt. 

Beispiel: Sie nutzen ein Werkzeug des Arbeitgebers für private Zwecke und verursachen fahrlässig einen Unfall, bei dem das Werkzeug beschädigt wird. Für den daraus resultierenden Schaden gelten die u.g. Beschränkungen nicht. Sie haften grundsätzlich unbeschränkt. 

Leiharbeiter haften gegenüber dem Entleiher ebenfalls beschränkt.

Ob Sie für den Schaden aufkommen müssen, richtet sich nach dem Grad Ihres Verschuldens: 

a) Leichte Fahrlässigkeit

Unter leichter Fahrlässigkeit versteht man alltägliche Fehler, die jedem, auch trotz sorgfältiger Arbeitsweise, passieren können. Der Arbeitnehmer haftet bei leichtester Fahrlässigkeit nicht. 

Beispiel: Der Assistent verschüttet seinen Kaffee auf der Tastatur. 

b) Mittlere Fahrlässigkeit

Unter mittlerer Fahrlässigkeit versteht man Fälle, in denen der Arbeitnehmer durch nahliegende Sorgfalt den Schaden hätte verhindern können. Sie als Arbeitnehmer haften dann anteilig.

Die Anteile bestimmen sich nach verschiedenen Kriterien: 

Beispiel: Der Arbeitnehmer eines Bauunternehmens vergisst auf seinem abschließenden Rundgang, eines der Tore zur Baustelle abzuschließen. In der Nacht werden wertvolle Arbeitsgeräte entwendet.  

c) Grobe Fahrlässigkeit

Unter grober Fahrlässigkeit versteht man Fälle, in denen der Arbeitnehmer die Sorgfalt in erheblichem Maß außer Acht lässt. Es geht um Fälle, in denen sich die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen geradezu aufdrängen. 

In den Fällen der groben Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich in vollem Maß gegenüber dem Arbeitgeber. 

Beispiel: Ein Mitarbeiter schickt streng geheime Betriebsgeheimnisse versehentlich per E-Mail an einen Konkurrenten. Er wusste um die Sensibilität der Daten. 

Eine Ausnahme besteht für Arbeitnehmer, die nur ein geringes Einkommen haben und aufgrund der immensen Schadenshöhe in Ihrer Existenz gefährdet wären. Der Mitarbeiter haftet dann ebenfalls nur anteilig. 

d) Vorsatz 

Vorsätzlich handelt, wer bewusst und gewollt einen Schaden hervorruft. In diesem Fall haftet der Arbeitnehmer vollumfänglich. 

Beispiel: Der Arbeitnehmer löscht wichtige Dateien vom Bürocomputer aus Wut über seine Kündigung

Sie handeln als Arbeitnehmer noch nicht vorsätzlich, wenn Sie vollen Wissens gegen eine Anweisung verstoßen, einen Schaden aber nicht verursachen wollten. Ihr Vorsatz muss sich auch darauf beziehen, dass ein Schaden entsteht. 

Beispiel: Der Arbeitgeber weist sie ausdrücklich an, Betriebsgeheimnisse nicht an Dritte weiterzugeben. Sie widersetzen sich dieser Anweisung, um einem Bekannten geschäftlich unter die Arme zu greifen. Dabei gehen Sie fest davon aus, dass dem Unternehmen kein Schaden entstehen wird. Der Bekannte gibt die Daten allerdings weiter und Ihr Unternehmen erleidet deshalb einen finanziellen Schaden. Sie haften dafür wegen Fahrlässigkeit (ggf. also nur anteilig), nicht wegen Vorsatzes. 

Wer muss das Verschulden des Arbeitnehmers beweisen?

Wenn der Arbeitgeber Sie auf Schadensersatz verklagt, werden Sie sich vor Gericht im Wesentlichen darum streiten, was wirklich passiert ist. 

Im Zweifelsfall muss dann der Arbeitgeber beweisen, dass ihm ein Anspruch zusteht. Insbesondere obliegt ihm der Beweis, dass Sie Ihre Pflichten schuldhaft – also fahrlässig oder vorsätzlich – verletzt haben und daraus ein Schaden entstanden ist. So sieht es § 619a BGB vor.  

Dies gilt allerdings nur für Schäden aus betrieblich veranlassten Tätigkeiten. Wenn der Schaden bloß „bei Gelegenheit“ Ihrer Arbeit entstanden sein sollte, gilt § 619a BGB nicht. Unter Umständen müssen Sie dann den sog. Entlastungsbeweis führen, wonach Sie gerade nicht schuldhaft gehandelt haben. 

Sind abweichende Regelungen im Vertrag möglich?

Im Arbeits- oder Tarifvertrag können abweichende Regelungen zur Arbeitnehmerhaftung vereinbart werden. Das Arbeitsrecht ist grundsätzlich arbeitnehmerfreundlich. Dementsprechend sind Abweichungen zulasten des Arbeitnehmers in der Regel unwirksam. 

Beispiel: Der Arbeitnehmer haftet auch bei leichtester Fahrlässigkeit.

Jedoch sind Abweichungen zugunsten des Arbeitnehmers denkbar. 

Beispiel: Es wird eine Höchstgrenze für die Haftung des Arbeitnehmers festgelegt.

Haftung gegenüber Kunden & Geschäftspartnern 

Sie können nicht nur Schäden bei Ihrem Arbeitgeber hervorrufen. Möglich sind auch Schäden gegenüber Dritten.

Haftung gegenüber Geschäftspartnern

Dies betrifft zum einen den Fall, dass Sie Sachen beschädigen, die nicht im Eigentum des Arbeitgebers stehen, d.h. die Sachen gehören einem anderen. 

Dann kann der Dritte Ihnen gegenüber einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Sie haften in diesem Fall also vollumfänglich. 

Beispiel: Der Arbeitnehmer beschädigt eine Maschine, die der Arbeitgeber von einer anderen Firma mietet. 

Allerdings haben Sie einen Anspruch auf Freistellung von der Haftung gegenüber Ihrem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber muss Ihnen das Geld also zurückzahlen, dass Sie dem Eigentümer der beschädigten Sache zahlen mussten. In der Praxis führt das meist dazu, dass der Eigentümer sich direkt an den Arbeitgeber wendet. 

Jedoch trägt der Arbeitgeber den Schaden nur in der Höhe, die bei ihm verbleiben würde, wenn Sie ihm den Schaden unmittelbar zugefügt hätten. Die o.g. Verschuldensmaßstäbe gelten entsprechend. Bei leichtester Fahrlässigkeit muss der Arbeitgeber Ihnen also den gesamten Betrag erstatten; bei Vorsatz steht Ihnen grundsätzlich keine Rückerstattung zu. 

Achtung: Wenn über Ihren Arbeitgeber das Insolvenzverfahren eröffnet sein sollte, werden Sie ebenfalls keine Rückerstattung durchsetzen können, weil Ihrem Arbeitgeber schlicht das nötige Geld fehlt. 

Haftung gegenüber Kollegen

Zum anderen kann vorkommen, dass Sie Ihren Kollegen Schaden zufügen. 

Für Personenschäden haften Sie in der Regel nicht, wenn der Zwischenfall von der Unfallversicherung reguliert wird. Ausnahmen gelten etwa für vorsätzliche Verletzungen. 

Sachschäden müssen Sie grundsätzlich ersetzen. Auch hier können Sie allerdings Ausgleich von Ihrem Arbeitgeber verlangen. Es gelten dieselben Grundsätze wie gegenüber Geschäftspartnern, s.o. 

Fazit

Bei Fragen rund um das Thema Haftung des Arbeitnehmers und Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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