Die Kündigung von Geschäftsführern unterscheidet sich grundlegend von der Entlassung einfacher Arbeitnehmer. Hier erfahren Sie alles zu Voraussetzungen, Abfindung und mehr.
Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft nach außen. Dies bedeutet z.B., dass er für die Gesellschaft Verträge schließen und sie vor Gericht vertreten kann.
Seine besondere Position ist dadurch gekennzeichnet, dass er über zwei Rechtsverhältnisse mit der Gesellschaft verbunden ist: das Organverhältnis und das Anstellungsverhältnis.
Das Organverhältnis beschreibt die Stellung des Geschäftsführers als Organ der Gesellschaft. Seine organschaftlichen Rechte und Pflichten sind im GmbH-Gesetz (§§ 35 ff. GmbHG) geregelt. Die Gesellschaftsversammlung kann den oder die Geschäftsführer bestellen und grundsätzlich auch frei wieder abberufen.
Achtung: Die Abberufung ist nicht dasselbe wie die Kündigung!
Das Anstellungsverhältnis besteht zumeist in Form eines sog. Geschäftsführeranstellungs- /Geschäftsführervertrags. Dieser regelt z.B.
Der Anstellungsvertrag ist quasi das Äquivalent zum Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers. Rechtlich ist ein solcher Vertrag aber in der Regel als Dienstvertrag und nicht als Arbeitsvertrag einzuordnen. Denn Arbeitnehmer sind an die Weisungen des Arbeitgebers gebunden. Ein Geschäftsführer kann jedoch weitgehend unabhängig Entscheidungen treffen. Das bedeutet, dass der Geschäftsführer in der Regel kein Arbeitnehmer im rechtlichen Sinne ist!
Ausnahmsweise kann jedoch ein Geschäftsführer als Arbeitnehmer einzustufen sein, wenn er stark weisungsgebunden ist und de facto nur einen geringen Handlungsspielraum hat.
Beispiel: G ist Geschäftsführer in einem traditionsreichen Familienunternehmen. Die Entscheidungen der Gesellschaft werden von den Familienmitgliedern in der Gesellschafterversammlung getroffen. Auch die praktische Umsetzung gibt die Familie dem G vor. Daran ist er wegen § 37 Abs. 1 GmbHG gebunden. G ist daher Arbeitnehmer.
In diesem Beitrag soll es in erster Linie um die Kündigung gehen. Damit ist die Beendigung des Anstellungsverhältnis gemeint, nicht die Abberufung im Organverhältnis. Ob bzw. wie Kündigung und Abberufung zusammenhängen, erklären wir im 8. Abschnitt dieses Textes.
In der Regel nein. Das hat zwei Gründe:
Das hat praktisch vor allem die Konsequenz, dass (für eine ordentliche Kündigung) grundsätzlich kein Kündigungsgrund erforderlich ist und keine Sozialauswahl getroffen werden muss.
Es gibt allerdings Ausnahmen, in denen der Geschäftsführer doch Kündigungsschutz genießt:
Da der Geschäftsführer im Regelfall kein Arbeitnehmer ist, muss grundsätzlich die Schriftform des § 623 BGB nicht eingehalten werden. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich trotzdem, die Kündigung schriftlich zu erklären. Außerdem sehen Anstellungsverträge häufig vor, dass die Kündigung persönlich unterschrieben sein muss.
Die Gesellschafterversammlung ist grundsätzlich für Kündigung und Abberufung zuständig. Sie kann auch einen Dritten, z.B. einen anderen Geschäftsführer, bevollmächtigen, die Kündigung auszusprechen.
Maßgeblich ist in erster Linie, welche Frist der Anstellungsvertrag vorsieht. Ist darin nichts geregelt, gelten die gesetzlichen Fristen.
In der Rechtsprechung ist allerdings umstritten, welche gesetzliche Kündigungsfrist bei Dienstverträgen für Geschäftsführer gelten soll: Die kurze Frist aus § 621 BGB oder die lange Frist gem. § 622 BGB.
Die Frist des § 621 BGB gilt für Dienstverträge. Sie ist für den Geschäftsführer eher ungünstig, da sie relativ knapp ist: Die Kündigungserklärung muss bis zum 15. eines Monats zugehen, um den Vertrag zum Monatsende zu beenden.
Die günstigere Vorschrift des § 622 BGB regelt die Kündigungsfristen beim Arbeitsvertrag. Danach gelten gestaffelte Fristen je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses, die für den Geschäftsführer günstiger als § 621 BGB sind.
Der Unterschied zwischen § 621 und § 622 kann enorme praktische Konsequenzen haben:
Beispiel: G ist seit 10 Jahren Geschäftsführer der X-GmbH. Sein Anstellungsverhältnis ist als Dienstvertrag einzustufen. Er erhält am 14.01.2020 eine Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“. Nach § 621 BGB wäre dies der 31.01.2020, nach § 622 Abs. 2 Nr. 4 BGB der 31.05.2020.
In einem aktuellen Urteil (BAG, Urteil vom 11.6.2020 – 2 AZR 374/19) entschieden die Richter am Bundesarbeitsgericht, dass die kürzere Frist aus § 621 BGB gelte. Der Bundesgerichtshof hingegen wendet die kürzere Frist nur ausnahmsweise an, z.B. wenn der Geschäftsführer zugleich Mehrheitsgesellschafter ist. In allen anderen Fällen greift er auf die längere Frist in § 622 BGB zurück.
Für Kündigungen eines Geschäftsführers ist in aller Regel die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig, an dessen Spitze der Bundesgerichtshof steht. Bleibt dieser bei seiner Auffassung, kommt weiterhin meist die längere Frist aus § 622 BGB zur Anwendung.
Diese unterschiedlichen Auffassungen haben für die Praxis eine wichtige Folge. Geschäftsführerverträge, die pauschal auf die „gesetzliche Kündigungsfrist“ verweisen, sollten unbedingt konkretisiert werden.
Wenn der Geschäftsführer ausnahmsweise Arbeitnehmer ist (siehe oben), spielt der Streit keine Rolle. Es gelten für ihn die Fristen des § 622 BGB. Im Geschäftsführervertrag kann von diesen Fristen innerhalb der gesetzlichen Vorgaben abgewichen werden.
Die außerordentliche, fristlose Kündigung kommt meist nur bei schwerem Fehlverhalten in Betracht. Gemäß § 626 BGB ist ein wichtiger Grund erforderlich. Beispiele für einen solchen wichtigen Grund sind etwa:
Wenn ein wichtiger Grund vorliegt, müssen in einem zweiten Schritt die Interessen der Gesellschaft gegen die des Geschäftsführers abgewogen werden. Es handelt sich stets um eine individuelle Bewertung. Bei dieser müssen alle Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden.
Sobald die zuständigen Personen innerhalb der Gesellschaft von dem wichtigen Grund erfahren haben, haben sie zum Ausspruch der Kündigung nur zwei Wochen Zeit.
In der Praxis sind Geschäftsführerverträge oft befristet. Bei solchen befristeten Verträgen ist eine ordentliche Kündigung in aller Regel nicht möglich – ganz unabhängig davon, ob der Geschäftsführer Arbeitnehmer ist oder nicht. Das gilt sowohl für die Gesellschaft als auch den Geschäftsführer selbst.
Davon gibt es Ausnahmen:
Ein befristeter Vertrag endet in der Regel
Für eine außerordentliche Kündigung ist jedoch ein wichtiger Grund erforderlich, siehe oben. Daher ist es in der Praxis viel einfacher und häufiger, ein befristetes Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch einen Aufhebungsvertrag zu beenden.
Wie bereits erwähnt, sind Kündigung und Abberufung zwei Paar Schuhe. Bei der Abberufung wird der Geschäftsführer aus seiner Organstellung entfernt.
Allgemein kann dies ohne einen sachlichen Grund geschehen. Es gibt aber Ausnahmen von diesem Grundsatz in diesen Fällen:
Die Abberufung muss ins Handelsregister eingetragen werden.
Grundsätzlich sind Organ- und Anstellungsverhältnis voneinander rechtlich unabhängig. Daher muss neben der Kündigung auch die Abberufung erfolgen, um sich als Gesellschaft gänzlich vom Geschäftsführer zu lösen. Denn wenn die Gesellschaft nur abberuft, nicht aber kündigt, kann der Geschäftsführer z.B. zunächst weiter sein Gehalt beziehen. In der umgekehrten Konstellation bestünde die Gefahr, dass der Geschäftsführer weiter Geschäfte für die GmbH vornehmen könnte.
Um dies zu vermeiden, wird in der Praxis oft eine sog. Koppelungsklausel in den Geschäftsführervertrag einbezogen. Diese besagt, dass mit der Abberufung auch das Dienstverhältnis endet. Deren Wirksamkeit hängt stark vom Einzelfall ab. Hier lohnt eine genaue Prüfung.
Eine Kündigungsschutzklage nach dem KSchG scheidet zumeist aus. Daher ist auch die dreiwöchige Klagefrist in der Regel nicht einzuhalten.
Gegen eine ordentliche Kündigung kann meist vor dem Landgericht geklagt werden. Das ergibt gerade bei befristeten Verträgen oder bei Arbeitnehmer-Geschäftsführern Sinn.
Bei einer außerordentlichen Kündigung stehen die Chancen noch besser. Denn die Gesellschaft muss hier das Vorliegen des wichtigen Grundes und ihr überwiegendes Interesse an einer Beendigung des Vertrags darlegen. Das gelingt nur selten.
Um eine angemessene Abfindung und ein gutes Arbeitszeugnis zu erhalten, ist es oft sinnvoll, über einen Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag nachzudenken. Hier beruht der Erfolg im Wesentlichen auf dem Verhandlungsgeschick des Geschäftsführers bzw. des zu beauftragenden Rechtsanwalts – idealerweise eines Fachanwalts für Arbesitsrecht, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht. Das Gesetz sieht nämlich keinen Automatismus vor, nach dem der Geschäftsführer bei einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag eine Abfindung erhält. Besonders interessant für Geschäftsführer ist auch, dass ein Abwicklungsvertrag auch dann abgeschlossen werden kann, wenn ein befristetes Arbeitsverhältnis sich seinem Ende nähert.
Achtung: Der Geschäftsführer kann nach seinem Ausscheiden meist kein Arbeitslosengeld I beziehen. Daher ist eine Abfindung für ihn insbesondere dann wichtig, wenn er nicht nahtlos zu einer anderen Beschäftigung wechseln kann.
Bei Fragen rund um das Thema Kündigung des Geschäftsführers wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht kompetent berät.