Beitrag veröffentlicht am 19.06.2020 | Dr. Ahlborn

Kündigung wegen Krankfeiern: Diese Chancen haben Arbeitnehmer

Wer sich krankmeldet und dann z.B. beim Sport gesehen wird, riskiert die Kündigung. Doch sollten Arbeitnehmer die Kündigung keinesfalls einfach hinnehmen. Eine rechtliche Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht lohnt sich – selbst wenn der Verdacht des „Krankfeierns“ berechtigt ist. 

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Lässt sich eine Kündigung wegen Krankfeiern abwehren?

Der Arbeitnehmer riskiert eine Kündigung, wenn er sich krankmeldet, ohne tatsächlich erkrankt zu sein. Er begeht damit häufig sogar eine Straftat. Gleiches gilt für den Arzt, der sich zur Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereit erklärt, obwohl er weiß, dass der Arbeitnehmer tatsächlich gesund ist. 

Sobald der Arbeitnehmer wieder fit ist, muss er unverzüglich zur Arbeit erscheinen. Das gilt unabhängig davon, ob der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits abgelaufen ist. Andernfalls liefert er dem Arbeitgeber ebenfalls einen Kündigungsgrund. Es kommt also immer auf den tatsächlichen Gesundheitszustand an, auch wenn der Arzt „vorsichtshalber“ noch ein paar Tage mehr auf der Bescheinigung eingetragen hat. 

Beispiel: Der Arbeitnehmer ist bis einschließlich Freitag krankgeschrieben, fühlt sich aber bereits am Mittwoch wieder fit. Er muss am Mittwoch wieder bei der Arbeit erscheinen. 

Allerdings muss der Arbeitgeber im Streitfall beweisen, dass der Arbeitnehmer trotz der Krankschreibung bereits früher wieder gesund war. Da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Beweiswert hat, wird ihm das in der Regel nicht gelingen. 

Außerdem kann auch die Androhung einer bevorstehenden Krankheit eine fristlose Kündigung zur Folge haben. 

Beispiel: Arbeitnehmerin C möchte vom 1. Juni an eine Woche in den Urlaub fahren. Ihr wird jedoch kein Urlaub gewährt, weil sie in dieser Woche an einer Fortbildung teilnehmen soll. C sagt daraufhin, „notfalls sei sie eben krank“. Dieses angedrohte Krankfeiern rechtfertigt meist eine Kündigung. 

Trotzdem sollten Arbeitnehmer in vielen Fällen die Kündigung wegen Krankfeierns nicht einfach hinnehmen. Das hat folgende Gründe: 

Droht eine fristlose Kündigung wegen Krankfeiern?

Täuscht der Arbeitnehmer über seine Arbeitsfähigkeit, verliert der Arbeitgeber schnell das Vertrauen in seinen Mitarbeiter. In vielen Fällen sprechen Betriebe daher eine fristlose Kündigung wegen Krankfeierns aus.

Die Voraussetzungen dafür liegen hoch. Nur bei erheblichem Vertrauensbruch kommt eine fristlose Kündigung in Betracht. Krankfeiern rechtfertigt sie recht häufig, aber nicht generell.

In vielen Fällen macht der Arbeitgeber außerdem den Fehler, dass er zu lange abwartet. Sobald er vom Krankfeiern erfährt, muss er innerhalb von zwei Wochen fristlos kündigen. Andernfalls ist die sofortige Entlassung unwirksam. Dann kommt allenfalls noch eine fristgerechte Kündigung in Betracht.

Muss der Arbeitnehmer die Krankheit beweisen oder der Arbeitgeber die Arbeitsfähigkeit?

Im Streitfall muss der Arbeitnehmer beweisen, dass er tatsächlich aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig war. Durch die Vorlage der AUB wird vermutet, dass die zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit tatsächlich vorlag. Damit ist der „gelbe Schein“ zwar kein unumstößlicher Beweis, das Gericht geht aber erst einmal von der Richtigkeit aus, solange der Arbeitgeber den Beweiswert der AUB nicht erschüttern kann. Daran wird er jedoch häufig aufgrund des hohen Beweiswerts des „gelben Scheins“ scheitern. Der Arbeitgeber muss nämlich konkrete Anhaltspunkte vorweisen können, dass die AUB nicht der Wahrheit entspricht. 

Beispiele:

Gelingt es dem Arbeitgeber, ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des „gelben Scheins“ darzulegen, ist es Sache des Arbeitnehmers, seinerseits weitere Beweise für seine Krankheit vorzutragen. Hierzu kann er z.B. den behandelnden Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden. 

Muss der Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit das Bett hüten?

Anders als häufig behauptet, muss ein Arbeitnehmer sich während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht völlig einschränken. Er darf seine Genesung aber auch nicht verzögern. Was genau er tun darf, hängt also ganz von der Art der Erkrankung ab. Der Verdacht einer vorgetäuschten Krankheit ist jedenfalls nicht schon deswegen gerechtfertigt, weil der Arbeitnehmer nicht das Bett hütet, sondern beispielsweise 

Beispiel: Bei einer akuten Depression kann ein Theaterbesuch für die Genesung förderlich sein, bei einer Grippe hingegen nicht. 

Anders ist die Lage natürlich, wenn der Arzt Bettruhe angeordnet hat. Missachtet der Arbeitnehmer die ärztlichen Anweisungen, verhält er sich nicht gesundheitsfördernd und verletzt damit eine Pflicht gegenüber dem Arbeitgeber. 

Eine Abmahnung oder Kündigung ist dann möglich.

Darf der Arbeitgeber bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit nachforschen?

Hat der Arbeitgeber trotz Vorlage der AUB Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, muss er den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung erschüttern. Hierzu muss er Beweise vorlegen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nicht arbeitsunfähig erkrankt war.

Rechtfertigen die Umstände einen Verdacht des Arbeitgebers auf „Krankfeiern“, sollte der Arbeitnehmer besser damit rechnen, dass der Arbeitgeber

Zwar ist eine solche Vorgehensweise aus datenschutzrechtlicher Sicht problematisch; der Arbeitgeber braucht einen umso belastbareren Verdacht, je mehr die Nachforschungen die Privatsphäre berühren. Trotzdem sollte der Arbeitnehmer nicht riskieren, bei einem Marathon gesehen zu werden, während er angeblich mit Fieber im Bett liegt. 

Wird nach Kündigung wegen Krankfeiern eine Abfindung gezahlt?

Der Arbeitgeber erklärt sich häufig vor Gericht zu einer Abfindung bereit. Dazu muss der Arbeitnehmer zunächst Klage gegen die Kündigung erheben. Um das Prozessrisiko zu umgehen, lässt der Arbeitgeber sich dann in vielen Fällen auf eine einmalige Zahlung ein und der Arbeitnehmer nimmt die Klage zurück. Damit akzeptiert er zugleich die Kündigung. 

Auf diese Einigung (sog. Vergleich) darf der Arbeitnehmer nicht hoffen, wenn die Kündigung vor Gericht ohne Zweifel Bestand haben wird. Das Prozessrisiko für den Arbeitgeber ist dann schließlich sehr gering und er hat keinen Grund, eine Abfindung zu zahlen. 

Auch die Höhe der Abfindung hängt davon ab, wie gut die Aussichten für den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess sind. Als erste Ausgangsgröße hat sich diese Formel durchgesetzt: 0,5 Bruttomonatsgehälter x Anzahl der Jahre im Betrieb. Wie angedeutet, können die Beträge aber stark nach oben und unten abweichen.  

Fazit

Der Arbeitnehmer muss nach einer Kündigung schnell handeln. Klagt er nicht innerhalb von drei Wochen, wird die Entlassung automatisch wirksam und auch eine Abfindung unrealistisch. 

Bei Fragen rund um das Thema Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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