Beitrag veröffentlicht am 18.03.2022 | Dr. Ahlborn

Ende der Home-Office-Pflicht – wie kann ich weiter Zuhause bleiben?

Am 19. März 2022 endete die gesetzliche Home-Office-Pflicht. Viele Arbeitnehmer haben sich aber an die Arbeit aus den eigenen vier Wänden gewöhnt. Wir erklären, ob sie weiterhin im Home-Office arbeiten können und wie die rechtlichen Rahmenbedingungen nun aussehen.

  1. Muss/Darf ich das Home-Office nun verlassen?
  2. Muss ich meine Ausstattung im Home-Office jetzt selbst bezahlen?
  3. Wie darf mein Chef meine Arbeitszeiten im Home-Office kontrollieren?
  4. Bin ich im Home-Office über meinen Arbeitgeber versichert?
  5. Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber kein Home-Office mehr erlaubt?
  6. Fazit

Muss/Darf ich das Home-Office nun verlassen?

Viele Arbeitnehmer möchten weiterhin im Home-Office arbeiten. Ob dies auch nach Wegfall der gesetzlichen Home-Office-Pflicht möglich ist, hängt in erster Linie von den vertraglichen Bedingungen ab. 

Natürlich können Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich auf eine Fortsetzung der Arbeit aus den eigenen vier Wänden einigen. Diese Vereinbarung sollte unbedingt schriftlich festgehalten werden und auf die Rahmenbedingungen (Dauer, Bezahlung der Ausstattung, Arbeitszeiten, Zutrittsrecht,…) eingehen. 

Gibt es einen Betriebsrat, kann dieser mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen treten. Wenn die Arbeit aus dem Home-Office während der Pandemie gut funktioniert hat, stimmt das Unternehmen womöglich einer Betriebsvereinbarung zu, die die Fortsetzung dieses Formats regelt. Je nach Ausgestaltung kann der Arbeitnehmer dann verlangen, an bestimmten Tagen oder generell von zu Hause aus zu arbeiten. Ohnehin sehen immer mehr Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen entsprechende Regelungen vor. 

Gibt es keine ausdrückliche Regelung, kann ggf. ein Anspruch aufgrund betrieblicher Übung oder wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes bestehen. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber vergleichbaren Mitarbeitern (über einen langen Zeitraum) die Fortsetzung der Arbeit aus dem Home-Office gestattet. Allerdings kommt es hier stark auf den Einzelfall an. Allein der Wechsel ins Home-Office während der Pandemie genügt noch nicht. 

Auch umgekehrt gilt: Möchte ein Mitarbeiter zurück ins Büro, darf der Arbeitgeber ihn grundsätzlich nicht zum Verbleib im Home-Office zwingen. Auch er ist auf eine vertragliche Regelung oder die Zustimmung des Mitarbeiters angewiesen. Möchte der Arbeitgeber eine Home-Office-Pflicht im Arbeitsvertrag verankern, kommt ggf. eine Änderungskündigung in Betracht. Diese hängt allerdings von hohen Voraussetzungen ab.

Muss ich meine Ausstattung im Home-Office jetzt selbst bezahlen?

Für die meisten Jobs brauchen Arbeitnehmer eine entsprechende Ausstattung. Ein Computer, schnelles Internet, Strom – wer gute Arbeit leisten will, ist auf entsprechendes Equipment angewiesen. Im Büro zahlt dieses typischerweise der Arbeitgeber. Auch während der gesetzlichen Home-Office-Pflicht war dies meist der Fall. Nun kommt es hingegen auf den Einzelfall an. 

In erster Linie ist maßgeblich, was Arbeitgeber, Arbeitnehmer und ggf. der Betriebsrat vertraglich vereinbart haben. Aber auch andere Umstände können für die Frage der Kosten entscheidend sein. 

Ausschlaggebend ist insbesondere, ob der Arbeitgeber die Verlängerung der Heimarbeit eigenständig angeordnet oder bloß dem Wunsch des Arbeitnehmers entsprochen hat. Denn der Arbeitgeber, der seinen Arbeitnehmer ins Home-Office schickt, muss für eine entsprechende Ausstattung sorgen; entweder, indem er selbst Geräte anschafft, oder indem er seinem Arbeitnehmer die Kosten für dessen eigene Geräte erstattet. Geht die Initiative auf den Arbeitgeber zurück, kann der Arbeitnehmer sogar einen Anteil an den Mietkosten verlangen.

Wie darf mein Chef meine Arbeitszeiten im Home-Office kontrollieren?

Getreu dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ möchten viele Arbeitgeber gerne wissen, was ihre Angestellten im Home-Office so treiben. Ihre Kontrollmöglichkeiten sind allerdings deutlich eingeschränkter als im Büro. 

Arbeitnehmer sollten trotzdem aufpassen: Mittlerweile gibt es einige Programme, die eine recht genaue Beobachtung im Home-Office ermöglichen; beispielsweise durch Tools, die Tastatureingaben aufzeichnen und an den Arbeitgeber übermitteln, oder Programme, die Arbeitszeiten dokumentieren. In den meisten Fällen kann der Arbeitgeber auch den Dienstkalender des Mitarbeiters einsehen. 

Einfach so kann ein Arbeitgeber solche Kontrollmaßnahmen aber nicht ergreifen. Schließlich stellen sie einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre des Arbeitnehmers dar. Nur wenn es einen konkreten Anlass gibt, darf der Arbeitgeber seinen Angestellten „über die Schulter schauen“. 

Das kann zum Beispiel notwendig sein, wenn ein Arbeitnehmer im Home-Office keine oder nur sehr schlechte Arbeit abliefert. Oder aber, wenn ein Verdacht auf Arbeitszeitbetrug besteht. Der Arbeitnehmer gibt dann vor zu arbeiten, vertreibt sich seine Arbeitszeit in Wahrheit aber mit ganz anderen Dingen. In solch einem Fall darf der Arbeitgeber Überwachungsprogramme oder ggf. sogar einen Privatdetektiv einsetzen. Kann er damit einen Arbeitszeitbetrug nachweisen, darf er seinem Mitarbeiter – gegebenenfalls fristlos – kündigen

Aber Achtung: Überwachungsmaßnahme ist nicht gleich Überwachungsmaßnahme. Einige Mittel greifen so tief in die Privatsphäre ein, dass sie nur bei einem erhärteten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung zulässig sind. 

Beispiel: Beginnt ein Arbeitnehmer seine Arbeit im Home-Office offenbar einige Minuten zu spät oder dehnt er gelegentlich seine Mittagspause aus, darf der Arbeitgeber nicht gleich einen Privatdetektiv beauftragen. 

Bin ich im Home-Office über meinen Arbeitgeber versichert?

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer sind während ihrer Arbeitszeit unfallversichert. Das gilt auch nach dem Ende der Home-Office-Pflicht. Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt aber nur, wenn der Unfall in unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. Hier schaut der Versicherer ganz genau hin. Gerade im Home-Office ist die Abgrenzung noch schwieriger als im Büro. 

2021 hat die Politik den Unfallversicherungsschutz im Home-Office deutlich ausgeweitet. Beispielsweise ist mittlerweile auch der Toilettenbesuch oder der Gang zum Pausensnack genauso versichert wie im Büro. Selbst die Fahrt zur Kita ist unfallversichert, wenn der Arbeitnehmer anschließend wieder ins Home-Office fährt. 

Nur wenn der Arbeitnehmer sich bei einer rein privaten Tätigkeit verletzt, springt die Unfallversicherung nicht ein. Denn eigenwirtschaftliche – also private – Tätigkeiten sind auch im Büro grundsätzlich nicht gesetzlich unfallversichert.

Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber kein Home-Office mehr erlaubt?

Zitiert der Arbeitgeber den Mitarbeiter nach Auslaufen der Home-Office-Pflicht zurück ins Büro, sollte der Arbeitnehmer dem erst einmal nachkommen. Andernfalls riskiert er eine Abmahnung oder sogar eine (fristlose) Kündigung. In jedem Fall bietet sich zunächst ein Gespräch mit dem Arbeitgeber an, in dem der Arbeitnehmer sein Interesse an der Arbeit im Home-Office deutlich macht. 

Hilft dies nicht weiter, sollte er mit einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht seine Möglichkeiten überprüfen. Häufig ergibt sich eine entsprechende Vereinbarung aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Ggf. lässt sich ein Anspruch auch damit begründen, dass der Arbeitgeber anderen Mitarbeitern die weitere Tätigkeit aus dem Home-Office gestattet hat. In letzter Konsequenz lässt sich solch ein Anspruch einklagen. In den meisten Fällen führt aber bereits der Austausch zwischen Anwalt und Arbeitgeber zum Ziel.

Fazit

Bei Fragen rund um das Thema Kündigung oder Aufhebungsvertrag wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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