Beitrag veröffentlicht am 12.08.2022 | Dr. Ahlborn

Hohe Abfindung für Geschäftsführer aushandeln: so geht‘s

Wenn ein Geschäftsführer das Unternehmen verlässt, ist das Unternehmen an einem reibungslosen Übergang interessiert. Dazu kann die Zahlung einer Abfindung einen großen Beitrag leisten. Wir erklären Ihnen, ob eine Abfindungszahlung verpflichtend ist und wann die Chancen auf eine Abfindung für Sie als Geschäftsführer besonders gut sind. 

  1. Ist eine Abfindung für das Unternehmen verpflichtend? 
  2. Wie hoch kann Ihre Abfindung sein? 
  3. Vorzeitiges Ende eines befristeten Vertrags: Fast immer mit Abfindung 
  4. Chancen auf Abfindung bei unbefristetem Geschäftsführer-Vertrag 
  5. Die Abfindung und Steuern
  6. Die Abfindung der betrieblichen Altersversorgung
  7. Fazit 

Ist eine Abfindung für das Unternehmen verpflichtend? 

Grundsätzlich haben Sie als Geschäftsführer keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Ein vertraglicher Anspruch besteht nur, sofern Ihr Anstellungsvertrag dies ausdrücklich vorsieht. 

Dennoch stehen die Chancen für eine Abfindung oft gut, wenn das Unternehmen sich von Ihnen trennen möchte. Das gilt sowohl für die Beendigung per Kündigung als auch per Aufhebungsvertrag. Allerdings müssen Sie dafür in Verhandlung treten. Wann die Verhandlungsbasis für Sie besonders günstig ist, erklären wir Ihnen.

Wie hoch kann Ihre Abfindung sein? 

Die Höhe der Abfindung variiert natürlich und ist von den individuellen Umständen abhängig. 

In der Praxis wird für Geschäftsführer meist diese Berechnungsgrundlage genutzt: Sind keine Gründe für eine fristlose Kündigung gegeben, erhalten Geschäftsführer ca. ihr restliches Gehalt bis zum Ablauf des Vertrages als Abfindung ausgezahlt.

Beispiel: Sie verlassen als Geschäftsführer das Unternehmen auf Grundlage eines Aufhebungsvertrages. Ihr Jahresfestgehalt beläuft sich auf 300.000 € brutto. Normalerweise würde der Anstellungsvertrag noch ein halbes Jahr laufen. Sie haben somit die Chance auf eine Abfindung in Höhe von 150.000 €. 

Insbesondere variable Vergütungsbestandteile im Anstellungsvertrag erschweren die Berechnung und lassen Verhandlungsspielraum. Damit Ihnen dies zum Vorteil – und nicht zum Nachteil – gereicht, sollten Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen.

Schwieriger ist die Berechnung, wenn Ihr Anstellungsvertrag unbefristet ist. Hier kommt es einmal mehr auf das Verhandlungsgeschick Ihres Fachanwalts für Arbeitsrecht an. Da Geschäftsführer häufig eine höhere Abfindung erhalten, dient die Grundformel 0,5 Bruttomonatsgehalt x Anzahl der Beschäftigungsjahre eher bei „normalen“ Arbeitnehmern als Orientierung.

Vorzeitiges Ende eines befristeten Vertrags: Fast immer mit Abfindung 

Bevor es jedoch um die genaue Höhe Ihrer Abfindung geht, müssen Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber zunächst auf die Zahlung einer Abfindung einigen. 

In den meisten Fällen ist die Verhandlungsbasis für Sie als Geschäftsführer günstig. Das gilt insbesondere bei befristeten Anstellungsverträgen. Gemeinsame Grundlage ist, dass das Unternehmen an einer frühzeitigen Trennung interessiert, aber auf Ihre Zustimmung als Geschäftsführer angewiesen ist. Dies hat folgenden Hintergrund: 

Die ordentliche Kündigung ist in aller Regel ausgeschlossen. Liegt also kein Grund für eine fristlose Kündigung vor, ist der Aufhebungsvertrag meist die einzige Option. Eine außerordentliche fristlose Kündigung kommt wegen ihrer strengen Voraussetzungen nur in wenigen Fällen in Betracht. Zudem vermeidet das Unternehmen mit einem Aufhebungsvertrag mögliche Gerichtsverfahren, die Zeit und Geld kosten. Genau aus dieser Situation können Sie einen Vorteil ziehen. 

Ihr Arbeitgeber kann Sie nicht zwingen, einem Aufhebungsvertrag zuzustimmen. Dementsprechend sollten Sie Ihre Zustimmung von einer angemessenen Abfindung abhängig machen.  

Chancen auf Abfindung bei unbefristetem Geschäftsführer-Vertrag 

Wenn Ihr Anstellungsvertrag nicht befristet ist, kann das Unternehmen Ihnen grundsätzlich mit Rücksicht auf die Kündigungsfrist ordentlich kündigen. Einen Grund oder Ihre Zustimmung benötigt es nicht. Vor diesem Hintergrund scheinen die Chancen auf eine Abfindung schlecht zu stehen. 

Allerdings sind einige Ausnahmen zu beachten, in denen das Unternehmen Ihnen nur unter erheblichen Schwierigkeiten kündigen kann. In diesen Fällen wird das Unternehmen zu einer Abfindung bereit sein, um sich einvernehmlich zu trennen. Davon ist auszugehen, wenn für Sie als Geschäftsführer ausnahmsweise der allgemeine Kündigungsschutz gilt, der sonst nur „gewöhnliche“ Arbeitnehmer betrifft. 

Das ist insbesondere in diesen Konstellationen der Fall: 

Kündigungsschutz vereinbart

Auf den Aufhebungsvertrag greifen Unternehmen etwa zurück, wenn der Anstellungsvertrag aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung dem allgemeinen Kündigungsschutz unterliegt. Denn hier berechtigen nur personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe zur Kündigung. Deren Vorliegen zu beweisen, ist oft nicht leicht. Selbst wenn das Unternehmen kündigt, haben Sie im anschließenden Kündigungsschutzprozess vor Gericht noch gute Chancen, eine Abfindung auszuhandeln.  

Kündigungsschutz für ehemalige Geschäftsführer

Für einige ehemalige Geschäftsführer gilt der allgemeine Kündigungsschutz auch ohne eine vertragliche Vereinbarung. 

Voraussetzung ist, dass Sie von Ihrer Position abberufen wurden oder selbst auf das Amt verzichtet haben. Zudem müssen Sie entweder 

Da in diesen Fällen allgemeiner Kündigungsschutz besteht, steigt die Wahrscheinlichkeit für Sie, eine Abfindung zu erhalten. 

Kündigungsschutz und das Mitbestimmungsgesetz

Wenn Ihr Unternehmen mehr als 2.000 Arbeitnehmer zählt und damit unter das Mitbestimmungsgesetz fällt, können Sie als Geschäftsführer nur aus wichtigem Grund abberufen werden. Die Abberufung ist zwar nicht dasselbe wie die Kündigung. Sie betrifft allein ihre gesellschaftsrechtliche Stellung als Geschäftsführer; die Kündigung hingegen beendet ihren persönlichen Anstellungsvertrag. Dennoch wirkt sich der Schutz vor einer Abberufung auch auf Ihren Anstellungsvertrag aus. Denn kein Unternehmen wird Ihren Anstellungsvertrag beenden, ohne zugleich Ihre Bestellung als Geschäftsführer rückgängig zu machen. 

Daher wird man Sie dazu bewegen wollen, selbst das Amt als Geschäftsführer aufzugeben. Dies sollten Sie von einer Abfindung abhängig machen. 

Kündigung kurz nach Geschäftsführerbestellung

Waren Sie zuvor Arbeitnehmer in dem Unternehmen, wurden zum Geschäftsführer bestellt und kurze Zeit später gekündigt, liegt nahe, dass mit ihrer Beförderung nur Ihr Kündigungsschutz umgangen werden sollte. Denn mit Ihrer Bestellung zum Geschäftsführer verlieren Sie in aller Regel Ihren allgemeinen Kündigungsschutz. 

Dennoch bestehen in diesem Fall für Sie gute Chancen auf eine Abfindung. Denn bei einer solchen missbräuchlichen Bestellung gilt der Kündigungsschutz weiterhin, sodass dem Unternehmen im Regelfall nur ein Aufhebungsvertrag mit einer für Sie attraktiven Abfindung übrigbleibt. 

Die Abfindung und Steuern 

Grundsätzlich ist die Abfindung sowohl für Arbeitnehmer als auch für Geschäftsführer lohnsteuerpflichtig. Sie können lediglich die steuerliche Belastung durch die Fünftelregelung verringern. 

Diese Möglichkeit besteht allerdings nur, wenn Ihnen die Abfindung nicht ohnehin über mehrere Jahre, sondern innerhalb eines Kalenderjahres ausgezahlt wird.  

Ihr Steuersatz ist einkommensabhängig. Erhalten Sie Ihre gesamte Abfindung mit einer Zahlung, steigt Ihr Einkommen in dem entsprechenden Jahr und somit auch Ihr Steuersatz. Die Fünftelregelung führt dazu, dass das Finanzamt die Abfindung bei der Ermittlung des Steuersatzes fiktiv auf fünf Jahre aufsplittet. Im Jahr der Abfindungszahlung ist die Steuerlast damit geringer. 

Achten Sie bereits im Rahmen der Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag auf eine Regelung, die für Sie insgesamt zu einer möglichst geringen Steuerlast führt; oft ist die Fünftelregelung der beste Weg. Je nach Fall kann es aber auch Sinn ergeben, die Abfindung erst im Folgejahr in Anspruch zu nehmen, wenn Sie in diesem Jahr ohnehin deutlich geringere Einkünfte erwarten. 

Die Abfindung der betrieblichen Altersversorgung 

Auf Grundlage einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2017 (Az. II ZR 6/16) kann für Geschäftsführer auch die betriebliche Altersversorgung abgefunden werden. Die Abfindung der betrieblichen Altersversorgung muss nach § 3 Abs. 6 BetrAVG durch einmalige Zahlung erfolgen.

Dies gilt aber ausdrücklich nur für Geschäftsführer, die keine Arbeitnehmer sind. Die Differenzierung ist insbesondere dann erschwert, wenn der Geschäftsführer stark weisungsgebunden ist und damit auch als Arbeitnehmer gelten könnte. 

Fazit 

Bei Fragen rund um das Thema Kündigung und Abfindung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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