Beitrag veröffentlicht am 13.01.2017 | Dr. Ahlborn

Kündigung vom Arbeitgeber erhalten – und jetzt?

Rechtsanwalt Dr. Ahlborn, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bielefeld gibt wertvolle Tipps, wie man sich in einer solchen Situation richtig verhält:

Nach Erhalt einer Kündigung hat man zunächst das Gefühl, den wirtschaftlichen Boden unter den Füßen zu verlieren – zumal, wenn das Arbeitsverhältnis schon sehr lange bestand. Dies ist verständlich. Jetzt ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und sich zumindest anwaltlicher Beratung zu bedienen. Dies gilt erst recht, wenn man rechtsschutzversichert ist. Doch auch wenn keine Rechtsschutzversicherung besteht, sollte zumindest eine kostengünstige Erstberatung beim Anwalt erfolgen. Das Wichtigste vorweg: Sie haben ab Erhalt der Kündigung nur 3 Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage zu erheben! Sonst ist die Kündigung wirksam. Der Rechtsanwalt veranlasst alles Erforderliche. Nehmen Sie bitte möglichst früh Kontakt auf. In der Kanzlei Dr. Ahlborn erhalten Sie in aller Regel noch am selben Tag einen Termin, sonst am Folgetag. Bitte unterschreiben Sie – ohne anwaltliche Beratung – keinen Aufhebungsvertrag. Ihnen droht sonst eine Sperrzeit bei der Arbeitsagentur!

1. Kosten:

Wenn Sie rechtsschutzversichert sind, übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Kosten – ggf. bis auf eine bestehende Selbstbeteiligung. Der Rechtsanwalt holt die Deckungszusage bei der Versicherung ein, sie müssen sich um nichts kümmern. Achtung: Wartezeit 3 Monate ab Versicherungsbeginn. Wenn ihr Einkommen nicht so hoch ist, besteht ggf. die Möglichkeit Prozesskostenhilfe (PKH) zu beantragen, wenn die Rechtsverfolgung aussichtsreich ist. Die Staatskasse trägt dann die Kosten. Auch hier gibt Ihnen Ihr Anwalt die notwendigen Formulare und reicht diese beim Arbeitsgericht ein. Doch auch wenn beides nicht in Betracht kommt, ist eine anwaltliche Interessenvertretung vor Gericht, seien Sie jetzt Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, stets angezeigt. Denn auch wenn grds. (bis auf Sonderkonstellationen, wie z.B. Sozialplan mit Interessenausgleich) kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, werden sehr häufig Vergleiche mit Abfindungszahlung geschlossen. Ihr Rechtsanwalt berät Sie hier umfassend. In aller Regel rechnet sich eine anwaltliche Vertretung, erst recht wenn Sie lange im Unternehmen beschäftigt waren. Weiter kennt insbesondere ein Fachanwalt für Arbeitsrecht, welche Punkte alle mit geregelt werden müssen. Vor allem führt eine Vertretung durch einen Anwalt aber dazu, dass Sie überhaupt bzw. eine deutlich höhere Abfindung erhalten.

2. Ruhe bewahren:

Auch wenn Sie die Kündigung als höchst ungerecht empfinden und zu Recht wütend sind, lassen Sie sich bitte nicht zu unbedachten Äußerungen, wie Beleidigungen des Arbeitgebers oder gar Tätlichkeiten hinreißen. Diese könnten eine weitere fristlose Kündigung mit Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug nach sich ziehen.

3. Nichts unterschreiben:

Sie sollten in der Phase ab Zugang der Kündigung wirklich Nichts unterschreiben. Sie müssen weder den Erhalt der Kündigung bestätigen, noch sollten Sie ohne anwaltliche Beratung einen Abwicklungs- oder gar Aufhebungsvertrag unterzeichnen. Lassen Sie sich immer vorher beraten. Denn in aller Regel führt ein geschlossener Aufhebungs- bzw. Abwicklungsvertrag dazu, dass Sie als Arbeitnehmer an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aktiv mitwirken (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urt. v. 18.12.2003 – B 11 AL 35/03 R, LS 1). Eine Rechtfertigung kann es hier nur geben, wenn Ihnen ein wichtiger Grund zur Seite steht, wie z.B. eine (drohende) rechtmäßige Arbeitgeberkündigung (BSG, a.a.O., LS 2). Löst ein Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis, führt er nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seine Arbeitslosigkeit jedenfalls grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hat (BSG, Urt. v. 2.5.2012 – B 11 AL 6/11 R, Rn. 15). Wenn Ihnen vom Arbeitgeber ein strafbares Verhalten vorgeworfen wird, äußern Sie sich dazu keinesfalls, ziehen Sie erst einen Rechtsanwalt zu Rate. Vorsicht: Oft veranlasst hier das schlechte Gewissen und die Drohung mit einer Strafanzeige den betroffenen Arbeitnehmer dazu, vorschnell einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Beraten Sie immer in Ruhe das weitere Vorgehen mit Ihrem Anwalt und lassen sich nicht unter Druck setzen.

4. Schriftform und Vollmacht:

Jede Kündigung, sei sie als fristgerechte / ordentliche Kündigung oder als fristlose / außerordentliche Kündigung ausgesprochen, bedarf stets der Schriftform, sonst ist sie unwirksam (§ 623 BGB). Der Arbeitgeber bzw. kündigungsberechtigte Geschäftsführer einer GmbH muss die Kündigung eigenhändig unterschreiben. Nur wenn die Kündigung mündlich erklärt wird, gilt ausnahmsweise die 3-Wochen-Frist für die Klageerhebung nicht (BAG, Urt. v. 28.6.2007 – 6 AZR 873/06, NJW 2007, 2716 Rn. 10 a.E.). Es sollte zudem immer genau geprüft werden, wer die Kündigung konkret unterschrieben hat. Wenn ein Vertreter, also nicht der Arbeitgeber selbst die schriftliche Kündigung unterzeichnet hat, sollte stets an die Möglichkeit gedacht werden, die Erklärung zurückzuweisen, wenn der Vertreter keine schriftliche Vollmacht beigefügt hat. Dies muss aber unverzüglich erfolgen, also ohne schuldhaftes Zögern. Hier kann schon ein Abwarten von 1 Woche zu lang sein (BAG, NZA 2012, 495). Wiederum zeigt sich, dass schnelle anwaltliche Hilfe angezeigt ist. Denn eine berechtigte Zurückweisung führt dazu, dass eine neue Kündigung erfolgen muss, wodurch der Kündigungszeitraum zumindest um 4 Wochen oder 1 Monat verlängert wird. In der Konsequenz ist man kürzer arbeitslos. Ohnehin stellen die meisten Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer während der laufenden Kündigungsfrist sehr oft – bezahlt – von der Arbeitsleistung frei.

5. Fehlerquellen bei der Kündigung:

Es gibt eine Vielzahl an Fehlern, die dem Arbeitgeber bei einer Kündigung unterlaufen können. Diese können hier im Detail nicht alle ausgeführt werden. Gravierende Fehler sind etwa, wenn ein Schwerbehinderter gekündigt wurde, ohne dass das Integrationsamt zuvor der Kündigung zugestimmt hat oder der Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß vor der Kündigung angehört wurde.

6. Unverzügliche Meldung bei der Agentur für Arbeit:

Sie müssen sich nach Erhalt der schriftlichen Kündigung innerhalb von nur 3 Tagen (!) bei der Arbeitsagentur persönlich arbeitssuchend melden! Dies können Sie auch telefonisch bzw. mittlerweile online. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob Sie gegen die Kündigung gerichtlich vorgehen oder nicht. Wenn Sie ein befristetes Arbeitsverhältnis haben oder sehr frühzeitig von der Kündigung erfahren, müssen Sie sich sogar 3 Monate (!) vor dem Beschäftigungsende arbeitssuchend melden. Ihnen droht sonst eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug von 1 Woche.

7. Anwaltliche Vertretung:

Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt kostet Geld, wenn Sie nicht rechtsschutzversichert sind oder PKH erhalten. Das ist richtig. Die Anwaltsvergütung bemisst sich nach dem Streitwert. Doch erst die kompetente Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für Arbeitsrecht hilft Ihnen, alle Ansprüche effektiv durchzusetzen. Qualifizierte Rechtsberatung zahlt sich immer aus. Erfahrungsgemäß führt erst die Tätigkeit eines versierten Anwalts dazu, dass Sie eine Abfindung bzw. deutlich höhere Abfindung erhalten.

Fazit:

Guter Rat ist nie zu teuer. Sehr „teuer“ kann es indes werden, im Kündigungsschutzverfahren auf anwaltliche Vertretung zu verzichten und seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

Bildrechte:
Kündigung Arbeitsvertrag ©Stockfotos-MG (fotolia)


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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