Beitrag veröffentlicht am 27.05.2019 | Dr. Ahlborn

Kündigung bei privater Nutzung eines Dienstfahrzeugs gerechtfertigt?

Wer über mehrere Monate hinweg ein Dienstfahrzeug für private Fahrten nutzt, kann gekündigt werden. Allerdings muss der Arbeitnehmer zuvor abgemahnt werden.

So hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz am 24. Januar 2019 entschieden.

Wann muss der Arbeitgeber abmahnen?

Wenn ein Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, kann ihm der Arbeitgeber in vielen Fällen kündigen. Normalerweise greift er in dem Fall zur fristgerechten verhaltensbedingten Kündigung. Bei besonders schweren Verstößen kommt jedoch auch eine fristlose Kündigung in Betracht.

Bevor der Arbeitgeber eine Kündigung (egal ob fristgerecht oder fristlos) ausspricht, muss er den Arbeitnehmer in der Regel zuvor abmahnen. Lediglich bei besonders schwerwiegenden Pflichtverstößen, wie beispielsweise nach einem Diebstahl am Arbeitsplatz oder bei sexueller Belästigung von Kollegen, kann das Verhalten des Arbeitnehmers dazu führen, dass er ohne Vorwarnung entlassen werden kann.

Dienstfahrzeug für Privatfahrten genutzt

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem eine Mitarbeiterin der US-Streitkräfte fristlos gekündigt wurde. Grund dafür war die private Nutzung der PKW der Arbeitgeberin, die die Mitarbeiterin dafür nutzte, um von ihrer Wohnung zur Arbeitsstelle zu gelangen. Dabei legte sie in drei Monaten rund 9.000 km zurück. Außerdem nutzte sie zum Tanken die Tankkarte der Streitkräfte und trug falsche Ziele ins Fahrtenbuch ein.

Zu ihrer Verteidigung trug die entlassene Arbeitnehmerin vor, ihre Vorgesetzten hätten sie dazu aufgefordert, die Fahrzeuge privat zu nutzen, um diese in Bewegung zu halten. Auch die falschen Angaben im Fahrtenbuch habe sie sich nicht ausgedacht, sondern sie seien ihr vorgegeben worden.

Das in erster Instanz zuständige Arbeitsgericht hielt die Kündigung für unwirksam. Es argumentierte, dass eine fristlose Kündigung schon deshalb ausscheide, weil die in § 626 Abs. 2 BGB vorgesehene Frist von zwei Wochen nicht eingehalten worden sei. Daher deutete es die Kündigungserklärung in eine verhaltensbedingte, fristgerechte Kündigung um. Doch auch diese ist nach Auffassung des Gerichts unwirksam.

Gegen dieses Urteil legte die Arbeitgeberin Berufung beim Landesarbeitsgericht ein.

LAG: Kündigung ohne Abmahnung ist unwirksam

Zunächst stellten die Richter grundsätzlich fest, dass die unberechtigte Nutzung von Dienstfahrzeugen für private Zwecke einen Kündigungsgrund darstellen kann. Ob dies auch zur fristlosen Kündigung berechtige, hänge vom Ausmaß der Pflichtverletzung ab.

Jedenfalls hätte die Arbeitnehmerin erkennen müssen, dass sie die PKW der Arbeitgeberin nicht privat habe nutzen dürfen. Daran ändere auch die Aufforderung ihres Vorgesetzten nichts. Das heimliche Vorgehen (Parken nicht vor der Haustür, falsche Eintragungen im Fahrtenbuch) hätte die Arbeitnehmerin daran zweifeln lassen müssen, ob die Arbeitgeberin mit der Privatnutzung der PKW wirklich einverstanden sei.

Trotzdem urteilte das Landesarbeitsgericht, dass die Kündigung unwirksam sei. Es fehle nämlich an einer vorherigen Abmahnung, die der Arbeitnehmerin gegenüber hätte ausgesprochen werden müssen. Damit sei ihr die Chance genommen worden, das in Frage stehende Verhalten zukünftig zu unterlassen. Zudem sei der Vorwurf auch nicht massiv genug, um ausnahmsweise eine verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung aussprechen zu können.

Fazit

Grundsätzlich berechtigt die ausgiebige Nutzung eines Dienstfahrzeugs zu privaten Zwecken den Arbeitgeber zur Kündigung. In besonders schweren Fällen kann dem betreffenden Arbeitnehmer sogar fristlos gekündigt werden.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts belegt jedoch wieder einmal, dass eine verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers nur in Ausnahmefällen ohne vorherige Abmahnung möglich ist. Daher ist ein Kündigungsschutzprozess gegen eine solche Kündigung besonders aussichtsreich!

Bei Fragen rund um das Thema Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Januar 2019, Az.: 5 Sa 291/18


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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