Beitrag veröffentlicht am 23.02.2022 | Dr. Ahlborn

Impfpflicht im Gesundheitswesen – Müssen Ungeimpfte mit einer Kündigung rechnen?

Ab dem 15. März 2022 ändert sich die Situation am Arbeitsplatz im Gesundheitswesen: Die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht gilt. Was dies genau bedeutet und mit welchen Konsequenzen Arbeitnehmer zu rechnen haben, erläutert dieser Beitrag.

  1. Was beinhaltet die Impfpflicht im Gesundheitswesen?
  2. Für wen gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht?
  3. Was passiert, wenn kein Immunitätsnachweis erbracht wird?
  4. Darf der Arbeitgeber ungeimpften Arbeitnehmern kündigen?
  5. Was tun, wenn eine Kündigung ausgesprochen wurde?
  6. Haben ungeimpfte Arbeitnehmer trotz fehlendem Immunitätsnachweis einen Lohnanspruch?
  7. Fazit

Was beinhaltet die Impfpflicht im Gesundheitswesen?

Ab 15. März werden durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht (§ 20a IfSG) alle im Gesundheitswesen tätigen Personen dazu verpflichtet, einen „Immunitätsnachweis“ gegen Covid-19 vorzulegen. Sie müssen damit einen Nachweis erbringen, dass sie 

Es handelt sich also vielmehr um eine 2G-Regelung als um eine echte Impfpflicht. 

Mit Ablauf des Immunitätsnachweises (z.B. für Genesene nach 90 Tagen ab Feststellung der Infektion), muss innerhalb eines Monats ein neuer Nachweis vorgelegt werden. Eine Ausnahme aus religiösen Gründen ist nicht möglich. Die Regelung gilt zunächst bis zum 31. Dezember 2022. 

Für wen gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht?

In § 20a IfSG ist genau aufgezählt, welcher Personenkreis und welche Einrichtungen von der Impfpflicht betroffen sind. Neben medizinischem Personal werden auch alle anderen Personen erfasst, die in der Einrichtung arbeiten. Ausreichend ist bereits, dass die Person sich zumindest länger als bloß ein paar Minuten in der Einrichtung aufhalten soll. Irrelevant ist hingegen, in welchem Verhältnis sie angestellt oder wie nah ihr Patientenkontakt ist. 

Zu den betroffenen Einrichtungen zählen unter anderem:

In den genannten Einrichtungen müssen unter anderem diese Personen der Immunitätspflicht entsprechen: 

Nicht von der Impfpflicht betroffen sind: 

Was passiert, wenn kein Immunitätsnachweis erbracht wird?

Hier ist zwischen bestehenden und neuen Arbeitsverhältnissen zu unterscheiden. 

Mitarbeiter war bereits vor 15.3. in der Einrichtung tätig 

Grundsätzlich dürfen solche Mitarbeiter zunächst weiterarbeiten, wenn sie keinen Immunitätsnachweis erbringen oder Zweifel an dessen Echtheit bzw. inhaltlichen Richtigkeit bestehen. 

Der Arbeitgeber ist stattdessen verpflichtet, die Daten des Arbeitnehmers und ggf. das vorgelegte Dokument an das Gesundheitsamt weiterzuleiten, denn nur dieses hat die Befugnis im äußersten Fall ein Arbeitsverbot auszusprechen. 

Das Gesundheitsamt fordert nach Erhalt der Unterlagen den betroffenen Arbeitnehmer auf, den Immunitätsnachweis innerhalb einer gesetzten Frist nachzureichen bzw. kann eine Untersuchung anordnen, falls behauptet wird, eine Impfung sei aus medizinischen Gründen nicht möglich. 

Erst wenn auf dieser Grundlage ein Bescheid mit einem Betretungs- und Tätigkeitsverbot ergeht, ist dies bindend und hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer das Gelände nicht mehr betreten darf, um seine Arbeit zu verrichten. 

Ein Verstoß gegen dieses Verbot kann ein Bußgeld von bis zu 2500 EUR nach sich ziehen. Wer zuvor bereits auf Anforderung des Gesundheitsamtes seinen Nachweis gar nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, begeht ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit, die ein Bußgeld in der gleichen Höhe zur Folge haben kann.

Mitarbeiter soll nach 15.3. erstmals tätig werden

Für Neubewerber ist der Immunisierungsnachweis eine Voraussetzung, um überhaupt die Arbeitsstelle antreten zu dürfen. Ohne Nachweis darf der Arbeitgeber neue Mitarbeiter, die ab dem 15.3.2022 tätig werden sollen, nicht einstellen. Der Unterschied zu bereits angestellten Arbeitnehmern liegt darin, dass keine zusätzliche Anordnung des Gesundheitsamtes nötig ist. 

Stellt der Arbeitgeber trotzdem neue Mitarbeiter ohne Immunitätsnachweis ein, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 2500 EUR geahndet werden kann. Hier richtet sich das Bußgeld also gegen den Arbeitgeber; im obigen Fall muss der Arbeitnehmer zahlen.

Darf der Arbeitgeber ungeimpften Arbeitnehmern kündigen? 

Ob der Arbeitgeber einen fehlenden Immunitätsnachweis als Kündigungsgrund heranziehen darf, hängt im Wesentlichen davon ab, ob das Gesundheitsamt ein Arbeitsverbot ausgesprochen hat oder nicht. Doch selbst wenn ein Bescheid ergangen ist, bedeutet dies nicht automatisch den Verlust der Arbeitsstelle. 

Arbeitsverbot wurde nicht ausgesprochen 

Der Mitarbeiter darf grundsätzlich weiterhin in der Einrichtung arbeiten und diese betreten, wenn er auch nach dem 15.3.2022 keinen Immunitätsnachweis vorlegt und (!) das Gesundheitsamt noch kein Arbeitsverbot ausgesprochen hat. Ein entsprechendes Verbot besteht erst, wenn dem Mitarbeiter ein Bescheid der Behörde zugestellt wurde. Bis dahin ist deshalb auch keine Kündigung möglich. 

Wegen der hohen Auslastung der Gesundheitsämter wird es vielfach zu dieser Situation kommen. 

Stellt der Arbeitgeber in seinem Unternehmen selbst eine 2G-Pflicht auf, ist diese in den meisten Fällen unwirksam. Stützt der Arbeitgeber eine Kündigung auf diese rein betriebliche 2G-Pflicht, sollten Arbeitnehmer die Kündigung in jedem Fall prüfen lassen. 

Arbeitsverbot wurde ausgesprochen 

Sobald das Gesundheitsamt dem Arbeitnehmer gegenüber ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot ausgesprochen hat, ist eine Kündigung grundsätzlich nicht mehr ausgeschlossen. Bevor der Arbeitgeber kündigen darf, hat er den Mitarbeiter allerdings grundsätzlich abzumahnen. Er weist ihn so auf das pflichtwidrige Verhalten und die drohende Kündigung hin. Der Arbeitnehmer erhält so eine „zweite Chance“, um seinen Immunitätsnachweis nachzuholen. 

Auch nach einer Abmahnung kann eine Kündigung wegen der Impfpflicht im Gesundheitswesen aus folgenden Gründen rechtswidrig sein: 

Was tun, wenn eine Kündigung ausgesprochen wurde?

Haben Sie eine Kündigung erhalten, können Sie deren Wirksamkeit mittels Kündigungsschutzklage gerichtlich überprüfen lassen. Lassen Sie sich hiermit jedoch nicht allzu viel Zeit. Sie haben lediglich drei Wochen, um Kündigungsschutzklage zu erheben. Wenn Sie untätig bleiben, wird die Kündigung wirksam und Ihr Arbeitsverhältnis ist endgültig verloren. Dies gilt selbst dann, wenn die Kündigung fehlerhaft war. 

Wir empfehlen Ihnen daher, so früh wie möglich einen Termin mit unserer Kanzlei zu vereinbaren.

Haben ungeimpfte Arbeitnehmer trotz fehlendem Immunitätsnachweis einen Lohnanspruch?

Der Lohnanspruch entfällt erst, wenn der Arbeitnehmer einen Bescheid des Gesundheitsamtes mit einem Arbeitsverbot erhalten hat. Außerdem darf die Arbeit z.B. aus dem Home-Office nicht in Betracht kommt. 

Ist noch kein Verbot ausgesprochen oder lässt sich die Arbeit verlagern, können Arbeitnehmer weiterhin arbeiten und hierfür Lohn verlangen. 

Fazit

Bei Fragen rund um das Thema Kündigung oder Aufhebungsvertrag wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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