Vertragsstrafen sind ein bewährtes Mittel, um Arbeitnehmer an ihre Pflichten zu binden. Allerdings bestehen hohe Anforderungen an die Wirksamkeit einer Vertragsstrafe. Dieser Beitrag klärt Arbeitgeber über die Vertragsstrafe im Arbeitsrecht auf.
Eine Vertragsstrafe verpflichtet den Arbeitnehmer, bei Verstößen gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag eine vorher vereinbarte Geldsumme zu zahlen.
Beispiel: Der Arbeitnehmer erscheint nicht zur Arbeit, verrichtet seine Arbeit zu spät oder gibt vertrauliche Informationen weiter. Wenn im Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe für eine dieser Pflichten vorgesehen ist, wird sie mit Verstoß gegen die Pflicht fällig.
Auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist eine Spielart der Vertragsstrafe. Hier bestehen aber Besonderheiten. Insbesondere muss das Wettbewerbsverbot schriftlich vereinbart sein.
Die Vertragsstrafe hat für Sie als Arbeitgeber gleich mehrfachen Nutzen:
Grundsätzlich können Sie mit jedem Ihrer Mitarbeiter eine Vertragsstrafe vereinbaren. Gesetzlich ausdrücklich verboten ist aber die Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit:
Darüber hinaus kann in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag bestimmt sein, dass keine Vertragsstrafen vereinbart werden dürfen.
Oft sind Vertragsstrafen bereits Bestandteil des Arbeitsvertrages. Die Vertragsstrafe allein ist grundsätzlich formfrei wirksam. Einzig das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist nur schriftlich wirksam.
Wir empfehlen allerdings in jedem Fall, die Vertragsstrafe schriftlich und detailliert festzuhalten.
Eine Vertragsstrafe gilt als wesentliche Vertragsbedingung. Sie müssen eine etwaige Vertragsstrafe also in die Niederschrift des Arbeitsvertrages nach § 2 NachwG aufnehmen und dem Arbeitgeber schriftlich aushändigen.
Welche Vorgaben im Einzelnen gelten, hängt vom jeweiligen Fall ab:
Vertragsstrafe als Individualvereinbarung
Wenn Sie die Vertragsstrafe individuell vereinbaren, bestehen nur niedrige gesetzliche Hürden. Die Wirksamkeit richtet sich danach, ob die Klausel
Der Gestaltungsspielraum dabei ist recht umfangreich.
Vertragsstrafe als AGB
Allerdings sind die meisten Vertragsstrafen sogenannte Formularvereinbarungen. Für sie gilt ein deutlich strengerer Maßstab, weil sich der Arbeitnehmer in einer geschwächten Verhandlungsposition befindet. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer keine ernsthafte Möglichkeit hat, mit dem Arbeitgeber über die Klausel zu verhandeln. Dann liegt eine Formularvereinbarung/AGB vor.
Wichtig: Wenn eine einzelne Klausel unwirksam ist, ist sie praktisch aus der Welt. Beispielsweise wird eine zu hohe Vertragsstrafe nicht auf den angemessenen Betrag herabgesetzt, sondern ist insgesamt unwirksam!
In Formularvereinbarungen können Vertragsstrafen aus folgenden Fällen unwirksam sein:
Die Formulierung der Vertragsstrafe muss klar und verständlich sein. Sie sollten die Voraussetzungen der Vertragsstrafe möglichst eindeutig beschreiben und bestimmen. Der Arbeitnehmer muss sich genau darauf einstellen können, wann er mit einer Strafzahlung zu rechnen hat.
Beispiel: Zu unklar formuliert sind Klauseln, die für „einen gravierenden Vertragsverstoß“, „Nichteinhaltung des Vertrages“ oder „schuldhaft vertragswidriges Verhalten“ eine Strafzahlung vorsehen. Der Arbeitnehmer kann aus diesen Klauseln nicht mit Gewissheit erkennen, wann er die Vertragsstrafe schuldet.
Das Erfordernis der Bestimmtheit gilt auch für die Höhe der Vertragsstrafe. Es reicht aber aus, eine Obergrenze anzugeben, an dem sich die Vertragsstrafe bemisst. Dies kann etwa das Monatsgehalt Ihres Mitarbeiters sein.
Beispiele: Die Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahren zunehmend arbeitnehmerfreundlich entwickelt. So sind auch Bezugnahmen auf das „durchschnittliche Bruttogehalt“ oder auf die „Höhe des Bruttolohns, der im Zeitraum der Kündigungsfrist erreichbar ist“ zu intransparent und somit unwirksam (BAG Urt. v. 24.8.2017, Az. 8 AZR 378/16).
Eine unangemessen hohe Vertragsstrafe ist unwirksam. Es gibt keine feste Grenze, stattdessen ist das Interesse des Arbeitgebers im Einzelfall maßgeblich.
Der Arbeitgeber darf sich nur in der Höhe absichern, die er im konkreten Fall zu seiner Sicherung benötigt. Hilfsweise können Sie den erwartbaren Schaden, das Monatsgehalt, die Kündigungsfrist oder die Schwere der Pflichtverletzung heranziehen, um den Betrag der Vertragsstrafe zu bestimmen.
Beispiel: Wenn ein Arbeitnehmer die Arbeit verweigert und die Kündigungsfrist zwei Monate beträgt, ist eine Vertragsstrafe von zwei Monatsgehältern noch angemessen. Nimmt ein Außendienstler aber rechtswidrig Mitarbeiter zur Konkurrenz mit, darf die Strafe deutlich höher ausfallen, da hier zur Arbeitsleistung der entgangene Gewinn hinzutritt.
Vertragsstrafen können nur für Pflichtverletzungen vereinbart werden, auf die Ihr Mitarbeiter auch einen Einfluss hat. Vertragsstrafen, die verschuldensunabhängig gelten, sind unwirksam und benachteiligen den Arbeitnehmer unangemessen.
Beispiel: Infolge eines unverschuldeten Unfalls oder einer Krankheit erscheint der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit.
Sie müssen als Arbeitgeber ein besonderes Interesse an der Vertragsstrafe haben.
Die Rechtsprechung stellt daran hohe Anforderungen. Durch die Vertragsverletzung müsste ein schwer nachweisbarer erheblicher Schaden drohen. Nur dann ist der Einsatz einer Vertragsstrafe zulässig.
Insbesondere kann das Interesse des Arbeitgebers bereits ausreichend geschützt sein, wenn andere effektive Sanktionsmittel zur Verfügung stehen. So können Sie etwa die Rückzahlung überschießenden Lohns ohne Weiteres vor Gericht durchsetzen.
Ein ausreichendes Interesse kann hingegen vorliegen, wenn die Vertragsstrafe zur Sicherung der folgenden Pflichten des Arbeitnehmers dient:
Weitere Fälle sind im Einzelfall möglich, aber bedürfen stets einer ausreichenden Begründung. Zwei Aspekte seien ausdrücklich genannt:
Der Arbeitgeber hat verschiedene Instrumente zur Durchsetzung einer Vertragsstrafe.
So könnten Sie etwa den Lohn in Höhe der Vertragsstrafe einbehalten und aufrechnen. Beachten Sie aber, dass Sie Steuern und Sozialbeiträge nicht einbehalten dürfen, sondern weiterhin zahlen müssen. Außerdem dürfen Sie den Lohn nur bis zur Pfändungsfreigrenze verrechnen.
Ansprüche aus einer arbeitsrechtlichen Vertragsstrafe sind ebenso gut vor dem zuständigen Arbeitsgericht einklagbar. Allerdings nehmen Sie so Gerichtskosten in Kauf.
Jedenfalls sollten Sie den Arbeitnehmer informieren, bevor Sie die Strafe durchsetzen. Führen Sie dabei zum Grund, der Höhe und dem Vollzug der Vertragsstrafe ausführlich aus.
Bei Fragen rund um das Thema Vertragsstrafe und Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.