Beitrag veröffentlicht am 27.08.2019 | Dr. Ahlborn

Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds nicht wegen Tätigkeit als Betriebsrat

Ein Arbeitnehmer, der Mitglied des Betriebsrates ist, hat arbeitsrechtlich eine besondere Stellung. Er ist zum einen Betriebsratsmitglied, zum anderen normaler Arbeitnehmer. Verletzt er Pflichten in seiner Stellung als Betriebsrat, darf der Arbeitgeber ihn deshalb nicht abmahnen.

Abmahnungen dürfen lediglich für Verhalten des Mitarbeiters in seiner Rolle als Arbeitnehmer erteilt werden.

Dies entschied das Arbeitsgericht Stuttgart am 30.04.2019.

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Können Betriebsräte abgemahnt werden?

Auch ein Mitglied des Betriebsrats kann, wenn gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen wird, abgemahnt werden wie jeder andere Arbeitnehmer. Kommt das Betriebsratsmitglied zum Beispiel häufig zu spät zur Arbeit, schützt die Tätigkeit im Betriebsrat nicht vor einer Abmahnung.

Ausgeschlossen sind aber Abmahnungen, weil ein Betriebsratsmitglied seine Pflichten verletzt, die es gerade wegen der Mitgliedschaft im Betriebsrat hat. Bei einem groben Verstoß gegen diese sog. betriebsverfassungsrechtlichen Amtspflichten kann der Arbeitgeber jedoch einen Antrag auf Ausschluss aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG stellen.

Abmahnung wegen Verstoßes gegen das Betriebsverfassungsgesetz?

Ein aus drei Mitgliedern bestehender Betriebsrat wollte gegen die seiner Ansicht nach falsche Prämienberechnung für Außendienstmitarbeiter vorgehen. Der Betriebsrat meinte, dass die Zielvorgaben durch die Arbeitgeberin nicht realistisch seien. Um ein gerichtliches Verfahren gegen die Arbeitgeberin zu unterstützen, wandte der Betriebsrat sich per E-Mail an die Außendienstmitarbeiter. In dieser E-Mail forderte er die Außendienstmitarbeiter auf, den für sie erstellten Arbeitszielen zu widersprechen.

Die Arbeitgeberin meint, dass der Betriebstrat durch das Versenden der E-Mail gegen seine gesetzliche Pflichten verstoßen habe. Die Aufforderung an die Außendienstmitarbeiter zum Widerspruch stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) und die Friedenspflicht (§ 74 Abs. 2 S. 2 BetrVG) dar. Die Arbeitgeberin mahnte die drei Betriebsratsmitglieder daher ab und nahm die Abmahnungen in die Personalakten auf.

Die Mitglieder des Betriebsrats beantragten vor dem Arbeitsgericht, die Unwirksamkeit dieser Abmahnungen und die Entfernung aus den Personalakten festzustellen. Mit Erfolg.

ArbG Stuttgart: Abmahnung des Betriebsrats unwirksam

Das Gericht ordnete die Entfernung der Abmahnungen aus den Personalakten an. Sie seien nämlich unwirksam.

Dies habe allein schon deshalb zu erfolgen, weil die Abmahnungen nichts mit dem Arbeitsverhältnis der Betriebsratsmitglieder zu tun haben. Es werde in den Abmahnungen nämlich ausschließlich die Verletzung von betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten gerügt. Dies berühre jedoch nicht das Arbeitsverhältnis zwischen dem Mitglied des Betriebsrates als Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin. Die Personalakte enthalte ausschließlich Unterlagen mit einem Bezug zum konkreten Arbeitsverhältnis. Außerdem könne die Aufnahme in die Personalakte das berufliche Fortkommen beeinträchtigen, was gegen das Benachteiligungsverbot in § 78 S. 2 BetrVG verstoße.

Fazit

Betriebsräte dürfen nicht abgemahnt werden, weil sie Pflichten als Betriebsrat verletzt haben. Damit entschied das Arbeitsgericht Stuttgart im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. So sollen Arbeitnehmer vor Nachteilen aus ihrer Tätigkeit im Betriebsrat bewahrt werden.

Arbeitsgericht Stuttgart, Beschluss v. 30.04.2019, Az. 4 BV 251/18

Bei Fragen rund um das Thema Tätigkeit als Betriebsratsmitglied wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.


Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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