Beitrag veröffentlicht am 25.10.2018 | Dr. Ahlborn

Außerdienstliche Straftat: Fristlose Kündigung gerechtfertigt?

Rechtsanwalt Dr. Ahlborn, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bielefeld Schildesche kommentiert aktuelle Rechtsprechung / Urteile im Arbeitsrecht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.04.2018, Az.: 11 Sa 319/17.

Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer sein privates Leben so gestalten, wie es ihm beliebt. Begeht er außerdienstlich eine Straftat, kann ihm deshalb nur gekündigt werden, wenn sich die Tat auf seine Eignung als Arbeitnehmer auswirkt.

Ein im Chemielabor beschäftigter Arbeitnehmer, der wegen eines versuchten Sprengstoffdelikts verurteilt wird, kann daher nicht fristlos aufgrund der Straftat gekündigt werden, wenn kein hinreichender Zusammenhang zur Arbeitstätigkeit besteht.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf am 12.04.2018.

Zum Hintergrund: Wann kann eine außerdienstliche Straftat eine Kündigung begründen?

Bei außerdienstlichem Fehlverhalten kann einem Arbeitnehmer gekündigt werden, wenn sich das Fehlverhalten auf seine Eignung für den Arbeitsplatz auswirkt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn deutlich wird, dass der Arbeitnehmer nicht zuverlässig ist.

Klassisches Beispiel ist etwa ein Bankangestellter, der im Zusammenhang mit Vermögensdelikten auffällig wird. In einem solchen Fall wird das Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer nachhaltig beeinträchtigt, sodass die Arbeitsbeziehung dauerhaft gestört ist. In diesem Fall könnte eine Kündigung erfolgreich sein.

Allerdings kann nicht jegliches Fehlverhalten eine Kündigung rechtfertigen. Es ist immer der Einzelfall zu berücksichtigen. Ins Gewicht fallen kann dabei insbesondere:

Ob neben einer fristgerechten eine fristlose Kündigung in Betracht kommt, hängt maßgeblich von der Schwere des Delikts ab.

Zum Sachverhalt: Fund von Sprengstoff und Betäubungsmitteln – fristlose Kündigung

Der Arbeitnehmer war seit 1991 bei einem Chemieunternehmen im Labor beschäftigt. Im Sommer 2016 fand die Polizei in der Wohnung des Arbeitnehmers 1,5 kg chemischer Stoffmischungen, die sie als gefährlich einstufte. Außerdem befand sich 1 kg eines Betäubungsmittels in der Wohnung. Der Arbeitnehmer wurde daraufhin wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens verurteilt.

Von diesen Vorgängen erfuhr auch der Arbeitgeber. Nach Anhörung des Arbeitnehmers wurde diesem fristlos gekündigt. Damit war der Arbeitnehmer nicht einverstanden und erhob Kündigungsschutzklage.

Diese hatte vor dem Arbeitsgericht zunächst keinen Erfolg.

Zur Entscheidung: Kein hinreichender Zusammenhang zwischen Straftat und Arbeitsleistung

Das Landesarbeitsgericht urteile in nächster Instanz nun aber anders: Dem Arbeitnehmer sei unrechtmäßig fristlos gekündigt worden.

Den Richtern war der Zusammenhang der Straftat zur Tätigkeit des Arbeitnehmers zu vage: Zwar sei der Kläger bei einem Chemieunternehmen angestellt, das auch mit gefährlichen Stoffen arbeite. Da der Arbeitnehmer aber überwiegend in der Qualitätsanalyse beschäftigt sei, würden diese Stoffe von ihm gar nicht verwendet. Es bestehe daher keine Gefahr eines Missbrauchs.

Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit 1991 bestehe. Diese jahrelange Betriebszugehörigkeit ohne jegliche Auffälligkeit sei zugunsten des Arbeitnehmers zu werten.

Im Ergebnis entschied das Gericht daher, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei.

Fazit

Nicht jede außerdienstliche Straftat erlaubt dem Arbeitgeber die (fristlose) Kündigung. Die Tat muss ganz konkret Zweifel an der Eignung des Arbeitnehmers gerade für die geschuldete Tätigkeit begründen. Erforderlich ist also eine detaillierte Einzelfallbetrachtung der Tat und der Tätigkeit des Arbeitnehmers. Dies verneinte das LAG Düsseldorf im vorliegenden Fall.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.04.2018, Az.: 11 Sa 319/17

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Autor dieses Beitrags: Dr. Ahlborn

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ahlborn ist langjährig im Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.
Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.

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